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Channel: HUNDEBLOG GENKI BULLDOG
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Die Paketbotenobsession

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„Houston, wir haben ein Problem", denke ich. Mal wieder. Der Paketbote drückt sich mit weit aufgerissenen Augen in die hinterste Ecke unseres Hausflures. "Die sind aber aggressiv", bringt er stammelnd hervor, während ich nicht ihn, sondern mein Paket vom anderen Ende des Flures, wo er es hat fallen lassen, zu retten versuche.

Aber fangen wir ganz von Vorne an. 

Als Genki bei uns einzog, habe ich (unter anderem) einen Fehler gemacht: Immer wenn ein Paket zu uns geliefert wurde (und das passiert hier, zugegebenermaßen, recht oft), durfte Genki den leeren Karton zerstören. "Er hat doch so viel Spaß dabei" dachte ich und praktisch war es auch noch, musste ich doch unsere Kartons nicht mehr vor dem Wegschmeißen in die Mülltonne mühevoll selbst zerkleinern, sondern nur Genkis Kartonfetzten aufsammeln.

Genki hat sich schon immer gefreut, wenn es bei uns an der Tür klingelt. Er mag Besuch. Aber kaum einen Besuch mag er so sehr wie den unseres DHL Paketboten, hat er doch schnell gelernt, dass dieser ihm jedes Mal ganz tolles Spielzeug bringt. Es dauerte nicht lange, da musste der Paketbote nicht einmal klingeln - Genki erkannte schon das Geräusch der aufschwingenden Ladeklappe des DHL Autos auf der Straße und rannte aufgeregt zur Tür. (Und war immer sehr enttäuscht, wenn denn kein Paket für uns kam). Seine Begeisterung galt sehr schnell nicht nur den Paketen, sondern auch dem Mann, der sie brachte. Genkis überschwengliche Freude war zum Glück für unseren DHL Boten kein Problem. Genki wurde ebenso freudig von ihm begrüßt, gestreicheln, hochgenommen. So weit so gut.


Früher nahm ich regelmäßig Pakete für unsere Nachbarn entgegen und verstaute sie immer auf unserem Schuhschrank direkt bei der Eingangstür. Bis ich eines Tages eines dieser Pakete samt Inhalt in Fetzen im Flur verteilt vorfand. Von da an war klar: Keine Pakete mehr für Genki. Seiner Begeisterung für den Paketboten hat das nicht im Geringsten geschadet. Er wird so freudig begrüßt wie eh und je, auch wenn die Pakete nun schnell über ihn hinweg gereicht werden.

Wir machten weitere Fortschritte: Bald hatte ich Genki so weit, dass er hinter mir in der Wohnung stehen blieb, ich in Ruhe das Paket entgegennahm und er dann erst mit meiner Erlaubnis in den Hausflur lief um den Paketboten zu begrüßen. 

Und dann kam Momo. Momo hat zwar nie Pakete zerstören dürfen, aber, wenn Genki sich über etwas so unglaublich freut, dann muss es ja toll sein. Schnell teilte sie seine Obsession für unseren Paketboten. Nur leider klappt das hinter mir warten bei ihr noch garnicht. Am Anfang noch zurückhaltend, wurde sie immer frecher. Bald wurde der Paketbote mit schrillen Bellern von ihr angehüpft. Momo ist sehr kommunikativ und bellt auch beim Spielen mit Genki viel, schrill und laut. Also musste Plan B her. Bei Plan B nehme ich Momo auf den Arm und unser Paketbote legt mein Päckchen für mich auf unseren Schuhschrank. Genki wartet brav hinter mir.


Ein funktionierendes System, bis es heute an der Tür klingelte, ich Genki wie immer den Weg mit einem Bein versprerrte, Momo auf den Arm nahm, die Tür öffnete und feststellte: "Das ist aber nicht unser Paketbote". Ein junger Mann kommt mir entgegen, zwei große Pakete auf dem Arm. Und so stehen wir uns gegenüber. Er mit den Paketen, ich mit dem Hund. "Der ist aber süß" sagt er noch. In das Paketübergabesystem unseres sonstigen Paketboten ist er nicht eingeweiht. Also setze ich Momo ab um mein Pakete entgegenzunehmen. Ein riesiges Paket wird mir in die Hand gedrückt, da flitzt Momo auch schon an mir vorbei raus und springt den armen Mann schrill bellend an. Er weicht zurück, lässt dabei mein anderes Paket fallen. Da ist es auch bei Genki mit der Selbstbeherrschung vorbei und er rennt an mir vorbei, zielstrebig auf das Paket zu. Zwei Jahre ist es her, dass er ein Paket zerfetzen durfte. So lange hat er vermutlich sehnlichst auf genau diesen Moment gewartet und macht sich über das Paket her. Momo lässt augenblicklich vom Paketboten ab und unterstützt Genki begeistert in seiner Paketzerstörungsaktion. 

Und da war sie also - Die Situation, in der der Paketbote sich ängstlich gegen die Wand drückte und "Die sind aber aggressiv" stammelte, während Genki und Momo über einen Papierkarton herfallen. Was ich sehe sind zwei Hunde mit Herzchen in den Augen, die vermutlich den Spaß ihres Lebens haben. Was er sieht sind zwei blutrünstige Bestien mit scharfen Reisezähnen, die eine Paket malträtieren. Schnell lege ich mein Paket ab und rette das andere vor meinen Hunden, bevor sie es zum Inhalt schaffen. Genki und Momo folgen mir (=dem Paket) sofort in die Wohnung und der Paketbote sucht das Weite.

Ich weiss schon, woran ich in den nächsten Wochen wieder intensiver arbeiten muss - Momo muss wie Genki in der Wohnung warten, wenn es an der Tür klingelt. Dabei weiss ich eigentlich garnicht, wie ich das Genki überhaupt beigebracht habe. Ich habe schon immer versucht ihm mit dem Bein den Weg zu versperren. Lange hat er es ignoriert und irgendwann hat es plötzlich doch funktioniert und er blieb hinter mir sitzen.
(Lieber Paketbote, es tut mir ehrlich Leid!) ♡ Monika

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